Sonnenuntergang in Kassel (Lara Bendig)

Mittwoch, 11. Dezember 2019

Was ist die Corioliskraft? Teil 6: Freier Fall richtig, mit Südabweichung

Um die Ostabweichung beim freien Fall zu berechnen, muss man die Formel für die Corioliskraft nehmen, daraus die Coriolisbeschleunigung Richtung Osten bestimmen und dann mittels der Integralrechnung für die Fallbewegung die jeweilige Geschwindigkeit und dann die jeweilige Position (Ostabweichung) berechnen. Die Summe aller dieser Ablenkungen beim Fall ergibt dann die am Boden gemessene Ostabweichung.

Im Post vom 20.11. habe ich das schon dargestellt: Bei Bewegungen auf der Nordhalbkugel der Erde gibt es eine Ablenkung nach rechts, relativ zur Bewegungsrichtung.
Da die Rotationsgeschwindigkeit vom Abstand zur Drehachse bestimmt ist, nimmt sie nicht nur beim Fallen mit der Höhe sondern auch in verschiedenen Türmen auf der Erde mit dem Kosinus der geographischen Breite ab. Das gilt dann auch für die Ostablenkung. Diese ist bei einem Turm am Erdäquator maximal und am Pol Null.

Mit der richtigen Formel berechnet, kommen wir für unseren 100 m hohen Turm am Erdäquator auf 2,19 cm Ostabweichung. In Kassel wären das noch 1,36 cm.

Das Nachzumessen ist sehr schwierig. Die größte Fehlerquelle liegt im wirklich einflussfreien Loslassen des Körpers: Kleinste Störungen beim Loslassen erzeugen große Abweichungen vom senkrechten Fall.

Noch drastischer ist das bei der sog. Südabweichung:

Wenn der Körper fällt, wirken auf ihn (im gedrehten Bezugssystem) ja mehrere Kräfte:

1) wie bisher besprochen: die Corioliskraftkomponente, die zur Ostabweichung führt

aber auch:

2) die Gewichtskraft auf den Mittelpunkt der Erde hin, die ja das eigentliche Fallen auslöst
3) die Zentrifugalkraft radial nach Außen, senkrecht von der Rotationsachse weg, die letztlich das Gewicht reduziert:

Diese zuletzt genannten beiden Kräfte überlagern sich zu einer "effektiven Fallbeschleunigung", die nicht auf den Mittelpunkt der Erde zeigt, sondern leicht südlich davon.
Der Körper erhält also auch eine Südabweichung beim freien Fall.
Das gilt natürlich nicht am Erdäquator: Da reduziert die Zentrifugalkraft lediglich den Betrag der Fallbeschleunigung. Am Äquator fällt man langsamer...

2003 hat man im Fallturm bei Bremen auch diese Südabweichung versucht zu messen:
Die Messwerte lagen zwischen 18 mm Nord und 45 mm Süd. Der Mittelwert betrug 14,3 mm+/- 15,2 mm.

Da bleibt es nur Gauß zu zitieren:

"... das die Fallversuche wenig geeignet sind die Drehbewegungen der Erde erkennbar zu machen, da sie nach den kostspieligsten Zurüstungen doch immer nur höchst rohe Resultate geben können."

Ende der Postserie

Auf der Nordhalbkugel werden Körper relativ zur  Bewegungsrichtung nach rechts abgelenkt


Erklärung der Südabweichung

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