Sonnenuntergang in Kassel (Lara Bendig)

Samstag, 21. März 2020

Ist der Kosmos ein Schleimhaufen? 4: Die Welt ist klein, Corona und Netzwerke

Besonders interessant sind Netzwerke, wenn es um die Durchlässigkeit von Informationen oder Ausbreitungen geht.
Dinge können sich über die Kanten von Knoten zu Knoten ausbreiten.
Zur Zeit ist jeder Mensch ein Knoten für das Corona-Virus und die Schleimtröpfchen, die wir hinterlassen, entsprechen  im Fall eienr Infektion den Kanten.

Wenn wir viel zusammen abhängen, dann ist das ein dichtes mit vielen Verbindungen versehenes Netzwerk. Das Virus kann sich in alle Richtungen ausbreiten.
Unter Perkolation versteht man genau dies:
Das Wort heißt "Durchsickern" und stammt vom Durchfließen von Wasser durch feste Bestandteile.

Um die Durchlässigkeit eines Netzwerkes zu verkleinern, hat man zwei Möglichkeiten:

Zerstörung von Verbindungen: 
Das Netzwerk bleibt bis zu einer  kritischen Verbindungszahl durchlässig., da sich irgend ein Weg immer findet.
Deswegen müssen wir jetzt nahezu alle sozialen Kontakte runterfahren, um diese kritische Verbindungszahl zu erreichen.

Zerstörung von Knoten:
Im aktuellen Fall bedeutet das: Menschen entwickeln Immunität gegen das Virus oder erhalten sie über eine Impfung. Ist sicher die beste Möglichkeit, aber im Moment bei Corona nicht umsetzbar.

Im Bild sehen wir den Einfluss der kritischen Perkolationsschwelle durch Verbindungsstörungen für zwei verschiedene Netzwerktypen.
Auf der waagerechten Achse ist der Anteil der zerstörten Verbindungen aufgetragen. Die durchgezogene Kurve bezieht sich auf für die Zerstörung zufällig ausgewählte Verbindungen, die gestrichelte gilt bei einer gezielten Auswahl.

Bei den oberen beiden Darstellungen ist die kürzeste mittlere Verbindung im Netzwerk dargestellt.

Man sieht, dass sie ab der Perkolationsschwelle rapide abfällt, die Perkolation also gestört ist.
Die unteren beiden Graphen geben die mittlere Größe der noch verbundenen Knotenbereiche (Clustergröße) an.
Auch hier erkennt man den rapiden Abfall ab der Perkolationsschwelle.

Im übrigen wird deutlich, dass skalenfreie Netzwerke wie im letzten Post der Reihe erklärt, gegen zufällige Zerstörungen nahezu immun sind.

Bild aus Dorogovtsec, Mendes, Evolution of Networks, Oxford 2002


Auch bei Waldbränden spielt Perkolation eine wichtige Rolle: Welche Verbindungen zwischen Bäumen muss man wie reduzieren (größere Abstände, Schneisen etc.), damit sich ein Feuer möglichst schlecht ausbreitet.

Auch bei der Besiedlung der Galaxis spielt die Perkolation eine Rolle: Wie erreichbar ist ein anderer bewohnbarer Planete für eine technische Zivilisation? Können technische Zivilisationen in sinnvoller Zeit so eine ganze Galaxie besiedeln?

Kommen wir zu den Small World Netzwerken SWN.

Hier sind alle Knoten so verbunden, dass man durch wenige Sprünge alle Bereiche des Netzwerkes erreichen kann.

Hier wächst der typische Abstand zwischen zwei zufällig ausgewählten Knoten mit dem Logarithmus der Knotenzahl.

Unser Gehirn besitzt ein neuronales Netzwerk, das ein SWN ist, das erscheint irgendwie sinnvoll...

Und bekannt ist, dass je zwei beliebige  zur Zeit auf der Erde lebende Menschen  mit etwa 6...7 Beziehungen über andere Menschen miteinander verbunden ist.

Und die weltweite Ausbreitung des Corona-Virus scheint das zu bestätigen.

SWN



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