Sonnenuntergang in Kassel (Lara Bendig)

Donnerstag, 23. April 2020

Das Standardmodell der Elementarteilchenphysik, Teil 16: Experimentelle Tests I


Ich möchte hier nur einige, mir besonders wichtig erscheinende Tests kurz erwähnen.
Natürlich ist der Higgs-Mechanismus durch die Entdeckung des Higgs-Teilchens gut experimentell belegt. Das Eichprinzip ist als Rechenmechanismus an vielen Aussagen beteiligt.
Auch die Dirac-Gleichung ist seit vielen Jahrzehnten fester Bestandteil physikalischer Konzepte.
Sie hat ja zu der Entdeckung der Antimaterie geführt.

Ein besonderer Teil der Quantenfeldtheorie QFT ist die Quantenelektrodynamik QED (siehe frühere Posts hierzu).
Hier ist die Dirac-Gleichung an ihrer Grenzen gestoßen.
Die Vakuumfluktuationen des elektrischen Feldes verursachen eine Störung der Energieniveaus, die von Lamb 1947 erstmalig am Wasserstoffatom vermessen wurde (Nobelpreis 1955).
Es entsteht eine winzige Abweichung der Wellenlängen (Lamb-Shift).
Die Hauptursache ist die Wechselwirkung des Elektrons selbst mit den Vakuumfluktuationen, der zweitstärkste Effekt entsteht durch die Vakuumpolarisation (im Vakuum entstehen geladene Teilchen, die das elektrische Feld vom Atomkern verändern).
Energieniveaus beim H-Atom verschieben sich um ein Millionstel eV, das entspricht einer Wellenlänge im dm-Bereich für das sichtbare Licht, also mit Mikrowellenstrahlung zu messen.
Beim Uranatom sind die Verschiebungen so groß, dass sie sich direkt auf die sichtbaren Wellenlängen auswirken.

Das ist für mich eine der großen Bestätigungen der QED.

Die anderen experimentellen Bestätigungen sind mit hochpräzisen Experimenten am CERN gelungen.

Im nächsten Post zähle ich sie auf, hier aber möchte ich versuchen deutlich zu machen, wie präzise man arbeiten musste.
ETH Zürich

Über 11 Jahre hinweg, bis 2000, wurde das Standardmodell am LHC (Large Hadron Collider) am CERN getestet. Er ist eigens dafür entwickelt und gebaut worden.
In einem  26 km langen Untergrundtunnel wurden Elektronen und Positronen auf entgegengesetzte Kreisbahnen mit sehr hoher Energie gebracht und wurden die bei der Kollision entstehenden Produkte untersucht.

Es gab 17 Millionen Kollisionen, bei denen Z-Bosonen entstanden sind, 30 000 - mal erzeugten kollidierende Elektronen und Positronen Weakonen W+ und W-.
Damit Messgenauigkeiten von unter 0,002% erreicht werden, mussten Energien von 100 GeV im Bereich von  2 MeV gemessen werden (1eV ist die Energie, die ein Elektron erhält, wenn es mit 1 V beschleunigt wird).

Unerlässlich war es dafür die Gezeitenwirkung durch den Mond zu berücksichtigen:
Durch die Schwerkraft des Mondes bewegt sich der Fels, in dem der LEP-Tunnel verläuft. Dadurch variiert der Radius von 4,3 km des Kreisbeschleungiers um +/-0,15 mm! Das allein ändert die Energien der Strahlen um +/- 10 MeV!
Eine andere Störung kommt von den ICE-Zügen, die in der Nähe fahren. Leckströme des Eisenbahnnetzes fließen über Schienen, einen Fluß und den LEP-Ring ab , ändern die Magnetfelder und führen ebenfalls zu sprunghaften (immer wenn ein Zug kommt...) Energieänderungen in den beiden kollidierenden Strahlen.

wird fortgesetzt




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