Heute ist der Nobelpreis für Physik vergeben worden:
Eine Hälfte geht an Reinhard Genzel, Direktor des MPI für extraterrestrische Physik, der mit den Instrumenten der ESO in Chile beobachtet hat, und an Andrea Ghez, University of California, LA, die das Keckteleskop in Hawaii benutzt hat.
Die Auszeichnung gibt es für die Entdeckung eines supermassiven kompakten Objektes im Zentrum unserer Milchstraße.
Mit dieser Formulierung legt sich das Preiskomitee sicher nicht fest, denn wir reden zwar vom Schwarzen Loch SL im Zentrum unserer Milchstraße, aber es könnte auch ein anderes sehr kompaktes Objekt sein, ist zwar unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich.
Die andere Hälfte des Nobelpreise geht an den 89-jährigen Roger Penrose, University of Oxford, UK, für die zweifelsfreie Herleitung der Existenz Schwarzer Löcher aus der Allgemeinen Relativitätstheorie ART, die er vor fast 60 Jahren gemacht hat.
Seit fast 30 Jahren beobachtet Genzel das Zentrum der Milchstraße und verfolgt die Bewegung der Sterne dort. Schon oft habe ich über diese Arbeiten im Blog berichtet.
Er hat mit seinem Team auch maßgeblich an der Entwicklung und dem Bau der Instrumente mitgewirkt, die mit den Fernrohren der ESO die Sternbewegungen über die Verschiebung von Spektrallinien verfolgen konnten.
Angefangen hat er in LaSilla am New Technology Telescope NTT mit dem Instrument SHARP.
In diesem Jahrhundert ging es dann am VLT in Paranal mit den Instrumenten NACO und SINFONIE weiter. Zuletzt hat er an der Entwicklung von GRAVITY mitgewirkt, mit dem dann auch die Daten für das erste Bild der Umgebung eines SL gesammelt wurden.
Besonders aufmerksam wurde der Stern S2 verfolgt. Inzwischen hat man mehr als einen Umlauf registrieren können. Anfang des Jahres veröffentlichte Genzel Messungen, die die relativistische Präzessionsbewegung der Sternbahn in Übereinstimmung mit der ART zeigte.
Im Mai 2018 war S2 am dichtesten am SL. Zum ersten Mal konnte man direkt die Gravitationsrotverschiebung in der Nähe eines SL, ebenfalls in Übereinstimmung mit der ART, messen.
Wie kommt man nun von der Bahn des Sternes S2 zu der Idee eines supermassiven SLes?
- Man muss den Bahnradius r kennen, dazu muss die Entfernung genau bekannt sein.
- Man muss die Umlaufszeit kennen.
Damit kennt man auch die Bahngeschwindigkeit v.
Nun setzt man einfach die Zentrifugalkraft F = m*v²/r gleich der Gravitationskraft F = G * m* M/r², kürzt die Masse m des Sternes raus und erhält die zentrale Masse M (G ist die Gravitationskonstante)
In der Nähe eines SL bei einer nicht kreisförmigen Bahn ist das ganze natürlich etwas schwieriger und aufwändiger...
Man erhält 4,5 Millionen Sonnenmassen. Diese Materiemenge muss nun innerhalb der Bahn des Sternes S2 sein...
Man findet aber nichts...also muss es ein sehr kleines kompaktes Objekt sein...mit hoher Wahrscheinlichkeit eben ein supermassives SL.
Zum Schluss möchte ich noch von zwei persönlichen Begegnungen berichten:
R.Genzel lernte ich 1999 kennen. Ich war unterwegs von Frankreich nach Ungarn auf dem Kernschattenpfad der totalen Sonnenfinsternis vom 11.8.99 und drehte einen Film über Institutionen und Menschen, die die Sonnenfinsternis beobachten wollten.
R.Genzel erklärte sich spontan zu einem kleinen Interview bereit.
R.Pensore besuchte ich mit anderen SFNlern bei einem Vortrag an der Uni Bonn. Dort erläuterte er sein neuestes kosmologisches Modell.
Viele Hundert Wissenschaftler waren im Auditorium, aber fast niemand verstand genau, was der damals schon weit über 80 Jahrer alte berühmte Professor erklärte. Ich konnte mich des Eindrucks eines Zirkelschlusses in der Argumentation nicht ganz entledigen...es ging aber vielen anderen auch so.
Aber wir alle waren dankbar, dass wir diesen berühmten Physiker damals live erleben konnten. Er arbeitete bei seinem Vortrag noch mit klassischen Folien auf einem Overheadprojektor, die handschrfitlich beschrieben waren.
Bilder (ESO/MPE):
- Blick ins Zentrum der Galaxis
- Bahnen von Sternen um das galaktische Zentrum
- Bahn des Sternes S2 (Stern S2 und SL zu groß dargestellt)
Video:
R.Genzel erklärt seine Forschungen.
Eigene Bilder:
- Das NTT in la Silla, Chile
- Zwei der 8,4 m Teleskope des VLT in Paranal, Chile
- Spiegelzelle des 8,4 m großen Hauptspiegels
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