Sonnenuntergang in Kassel (Lara Bendig)

Freitag, 4. Februar 2022

Im Schatten des Urknalls

 Eine fast sensationelle Messung ist einer Gruppe von deutschen und französischen Forschenden gelungen, die jetzt in der Zeitschrift Nature am 3.2.22  veröffentlicht wurde.

Mit dem Northern Extended Microwave Array NEMA in den französischen Alpen konnten sie die Temperatur des Kosmos 880 Millionen Jahre nach dem Urknall messen.

NEMA besteht aus 12 Antennen mit einem Durchmesser von je 15 m, die als Interferometer geschaltet werden können, sozusagen ein kleines ALMA der Nordhalbkugel.

Sie spektroskopierten im Bereich von 70 GHz bis 110 GHz die Mikrowellenstrahlung der Starburstgalaxie  HFLS3 , die bei einer Rotverschiebung von z = 6,34 steht. Das entspricht einer Rückblickzeit von 12,8 Milliarden Jahren.

Im Spektrum fanden sie zahlreiche Emissionen von CO und H2O, die über einem von Staub erzeugten Kontinuum lagen. Die Temperatur des Staubes konnte zu 63,3 + 5,4/-5,8 K gemessen werden.

Im Spektrum fanden sie aber auch eine Absorptionsstruktur von Wasser bei einer beobachteten Wellenlänge  von 3,95 mm (75,9 GHz).

Diese Absorption kann nur erklärt werden, wenn die kosmische Hintergrundstrahlung die Wassermoleküle so anregt, dass die intensive IF-Strahlung der Starburst Galaxie absorbiert werden kann.

Also eher ein "indirekter Schatten"...

Aber damit lässt sich die Temperatur der kosmischen Hintergrundstrahlung zur damaligen Zeit bestimmen:

Man kommt auf 16,4 bis 30,2 K. Die Modelle der Kosmologie sagen etwa 20 K für diese Zeit. Das passt also ganz gut.

Immerhin ist es die erste Temperaturbestimmung, die soweit zurück geht.

Heute ist die Temperatur weiter auf 2,7 K gesunken.

Abbildung 1:

Radiospektrum mit vielen Emissionslinien und der beobachteten Absorption

Abbildung 2:

Kompliziertes Anregungssystem durch die damalige Hintergrundstrahlung und Beobachtung der Absorption. Achtung: Die angegebenen Wellenlängen beziehen sich auf das Ruhesystem, also ohne die Rotverschiebung. Der Übergang bei 538 Mikrometern entsteht durch die Absorption der kosmischen Strahlung. Dadurch können Pumpprozesse (gestrichelt blau) aus den oberen Niveaus entstehen, die die beobachteten Staubemissionen ermöglichen (rote Übergänge)

Abbildung 3:

beobachtete Absorptionsstruktur von Wasser

Abbildung 4:

Überblick über Temperaturmessungen des Kosmos. Ganz rechts die hier angesprochene aktuelle Messung.

Abbildung 5:

Aufnahmen der Galaxie in verschiedenen Wellenlängen (credit: ESA)

Abb.1 -4:  Riechers, D.A., Weiss, A., Walter, F. et al. Microwave background temperature at a redshift of 6.34 from H2O absorption. Nature 602, 58–62 (2022). https://doi.org/10.1038/s41586-021-04294-5







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