Sonnenuntergang in Kassel (Lara Bendig)

Mittwoch, 29. Januar 2020

Wie sag ichs meinem Alien? Teil 6: Erst mal die Gitarre stimmen...

Zustände von Elementarteilchen durch Pfeile beschreiben? Das ist selbst manchem Physiker zu abstrakt. Aber Wellen, ja die kennt er, aus der Physik und der Badewanne...

Deswegen hat sich die Interpretation des Verhaltens der Elementarteilchen (nennen wir jetzt Quanten) durch Wellen durchgesetzt...Die Frage Welle oder Teilchen? hat manche stundenlangen Diskussionen heraufbeschworen...Man hätte auch Fragen können: Pfeil oder Teilchen? Aber dazu hatte keiner Lust...
Quanten sind nix von alledem, sie sind halt Quanten...

Wir wissen, dass wir (je nachdem was wir messen wollen) die Neutrinos durch drei Eigenzustände der Massen und drei Eigenzustände der schwachen Wechselwirkung beschreiben können.

Jeder Eigenzustand wird aber auch durch eine Wellenfunktion beschrieben. Das ist eine komplexe Größe und hat eigentlich wenig mit den Wellen in der Badewanne der Physiker zu tun. Aber man darf sich durchaus eine Welle drunter vorstellen, nur keine im Raum ausgelenkte Welle, denn die Auslenkung hier beschreibt die Wahrscheinlichkeit, das Quant in diesem Zustand messen zu können.

Es sind Wahrscheinlichkeitswellen, also Wellen, die es nur im Kopf der Physiker/innen gibt.

Vereinfachen wir wieder alles, in dem wir nur zwei Neutrinosorten betrachten. Zu beiden gehören, da sie unterschiedliche Massen haben, Wellen mit leicht unterschiedlichen Wellenlängen.
Diese überlagern sich und bilden, je nach Phasenlage, die Wellen für das Elektronen- oder das Myonenneutrino.

Was passiert, wenn sich zwei Wellen mit ähnlicher Wellenlänge überlagern? Sie bilden eine Schwebung.
Beim Gitarrenstimmen nutzt man das aus... so lange man die Schwebung hört, sind die beiden Saiten nicht gestimmt.

Bei der Gitarre besteht die Schwebung aus einem sirenenartigen An- und Abschwellen des Tones.
Der Frequenzunterschied bestimmt die Schwebungsfrequenz.

Bei den Neutrinos besteht die Schwebung aus dem abwechselnden Übergang vom Elektronenneutrino ins Myonenneutrino.
Der Massenunterschied bestimmt die Wechselfrequenz.

Also, die Neutrinosorten, die wir durch die schwache Wechselwirkung erfassen können (also die Eigenzustände der schwachen Wechselwirkung) entstehen durch Überlagerung und Schwebung der zu den eigentlichen Massenobjekten gehörenden Wahrscheinlichkeitswellen.

Ich glaube, dass das alles viel abstrakter ist wie mit den Pfeilen...aber viele bevorzugen dieses Wellenbild.

Und es gibt natürlich einen Zusammenhang: Sich drehende Pfeile beschreiben Schwingungen und Schwingungen erzeugen Wellen...

So langsam haben wir alles zusammen, können aufhören unserem Alien beim Gitarre spielen zuzuhören und ihm mitteilen, wie er entscheiden kann, ob die Gitarre aus der gleichen Materieart existiert wie er, bevor er sie anfasst...und ev. sich und die Gitarre zerstört....

Ich hab ja gesagt...es ist ein langer und abstrakter Weg.

Bildcredit: Kamioka Observatory, ICRR 

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