Sonnenuntergang in Kassel (Lara Bendig)

Freitag, 9. November 2018

Die Himmelsleiter: Entfernung ist nicht gleich Entfernung


Bisher haben wir Schritt für Schritt kennengelernt, wie man von der Vermessung der Erde zu immer größeren Abständen bis hin zu den Entfernungen der Galaxien kommt.

Wenn man aber weit entfernte Galaxien beobachtet, erhält man unterschiedliche Entfernungen, je nach dem welches Messverfahren man verwendet...Das ist übrigens der Grund, warum Kosmologen nur die Rotverschiebung z als Maß für die "Entfernung" angeben.

Zuerst einmal möchte ich alle möglichen Entfernungsbegriffe  (und damit Messmethoden) kurz vorstellen und an einem Zahlenbeispiel verdeutlichen:

Emissionsentfernung:
ist ein vergangener Abstand, nämlich der, den das Objekt zur Zeit der Lichtaussendung zur damaligen Galaxis hatte.

Leuchtkraftentfernung:
Abstand unter der Annahme, dass die Lichtintensität mit dem Quadrat der Entfernung abnimmt

Winkelentfernung:

Ein Objekt einer Bestimmten Größe D erscheint uns unter einem Winkel W, wenn wir es aus der Entfernung E beobachten (tan W = D/E). Sie gibt also den sichtbaren Eindruck wieder. Seltsamerweise nimmt die Winkelentfernung in unserem Kosmos ab einer bestimmten Lichtlaufzeit wieder ab: Je weiter, desto näher...Das werden wir in einem anderen Post erklären müssen....

Lichtlaufzeit:
Das ist die populäre Angabe für Entfernung, ist aber nur ein Zeitmaß, das die Laufzeit des Lichtes vom Objekt zu uns beschreibt.

Koordinatenabstand:
Abstand, der sich bei der Expansion nicht ändert, weil sich die Koordinaten des Objektes nicht ändern (vergl: Ein Breitenunterschied auf der Erde ist unabhängig von der Größe der Erdkugel).

Heutiger Abstand:
Gibt an, wie weit das Objekt heute, im ausgedehnten Zustand des Universums, entfernt ist.

Beispiele
Nehmen wir mal eine Galaxie mit z = 3 an. In populären Büchern stände: 11,5 Milliarden Lichtjahre...das ist aber nicht die Entfernung sondern die Lichtlaufzeit in Jahren.
Bestimmt man  die Emissionsentfernung, so kommt man auf 5,3 Milliarden Lichtjahre (jetzt als Strecke gemeint). Das wäre der Abstand der Galaxie zu uns damals, also vor 11,5 Milliarden Jahren.
Heute ist diese Galaxie von uns 21,1 Milliarden Lichtjahre entfernt (als Strecke gemeint).
Die Leuchtkraftentfernung liegt bei 21,2 Milliarden Lichtjahren und die Winkelentfernung bei 1,33 Milliarden Lichtjahren.

Das zweite Beispiel arbeitet mit einer Galaxie zur Zeit der Galaxienbildung. Dies ist bei einer Rotverschiebung von z = 10 der Fall:
Lichtlaufzeit: 13,2 Milliarden Lichtjahre
Emissionsentfernung: 2,9 Milliarden Lichtjahre
Heutige Entfernung 31.5 Milliarden Lichtjahre
Leuchtkraftentfernung: 31,9 Milliarden Lichtjahre
Winkelentfernung 264 Millionen Lichtjahre

Und zum Schluss das heiße Urknallgas, aus dem heraus sich die Galaxien gebildet haben und dessen Strahlung den Kosmos als Mikrowellenhintergund erleuchtet:
Rotverschiebung z = 1100
Lichtlaufzeit: 13,7 Milliarden Lichtjahre
Emissionsentfernung 40 Millionen Lichtjahre
Heutige Entfernung: 45,6 Milliarden Lichtjahre
Leuchtkraftentfernung: 44 Milliarden Lichtjahre
Winkelentfernung: 36 000 Lichtjahre

Also, wie weit ist das Urkanllgas entfernt? Die Angaben liegen zwischen 36 000 Lichtjahre und fast 46 Milliarden Lichtjahre...
Kein Wudner, dass die Kosmologen nur die Zahl für z angeben...
Aber was in populären Büchern steht ist auch Unsinn...eine Lichtlaufzeit ist nur bei nahen Galaxien auch ein Entfernungsmaß.

Zur Berechnung der Emissionsentfernung aus z benötigt man ein Raum-Zeit-Modell des Universums und seiner Expansion. Durch Multiplikation mit 1+z erhält man im Einstein-de-Sitter Weltmodell daraus die Leuchtkraftentfernung und durch Division durch 1+z die Winkelentfernung.

wird fortgesetzt mit Erläuterungen zu den einzelnen Entfernungsbegriffen


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Kommentar eingeben