Sonnenuntergang in Kassel (Lara Bendig)

Sonntag, 26. Juni 2022

Wir kommen um einen Urknall wohl nicht herum...: Begriffsklärung

 Der Begriff Urknall (Big Bang im Englischen) ist eigentlich eher als  Kritik an einem Weltmodell entstanden, das dem Kosmos einen Anfang setzt.

Viele denken dabei an einen Schöpfungsakt. Wann hat der stattgefunden? In unserer Zeit? Dann muss es auch etwas davor gegeben haben, etwas, was diesen Akt ausgelöst hat...und so können wir den Anfang von allem immer weiter nach hinten verschieben.

Für mich sind auch religiöse Deutungen keine Möglichkeit, die ich ernsthaft in Betracht ziehe.

Alle Religionen sind menschenzentriert, denn sie sind von Menschen ausgedacht und von Menschen erfunden worden...bewusst oder unbewusst, das spielt keine Rolle: Immer steht der Mensch auf dieser Erde im Mittelpunkt des göttlichen Wirkens.

Ein Schöpfergott passt nicht in ein Universum mit 300 Milliarden Galaxien aus jeweils 300 Milliarden Sternen, von denen viele wohl Planeten haben, auf denen sich durchaus auch Leben, vielleicht sogar intelligenteres Leben als bei uns, hat bilden können.

Unser Bild vom Kosmos hat sich in den letzten 50 Jahren drastisch geändert: Von einem zyklischen, ewigen Kosmos (ohne Beobachtungsgrundlage, nur aus der philosophischen Überzeugung heraus postuliert!) bis hin zu einer Einmaligkeit der Existenz, so wie alles im Kosmos auch einmalig und vergänglich ist. Von einem Universum, in dem es keinerlei Hinweise auf Leben außerhalb der Erde gab bis hin zu einem Kosmos, bei dem wir überall Moleküle des Lebens entdecken.

Dem haben keine religiöse Deutungen Rechnung getragen, wie auch...sie sind ja aus der Phantasie früherer Jahrhunderte entstanden.

Auch die Astrologen ignorieren moderne Erkenntnisse, wie die Taumelbewegung der Erdachse, die zu einer Abweichung zwischen Tierkreiszeichen und Tierkreissternbildern geführt hat: Die Jungfrau ist inzwischen ein Löwe!

Im Standardmodell der Kosmologie  ist  die Inflationsphase integriert: Ein nahezu unmittelbar zu Beginn erfolgtes Aufblähen des winzigen Universums auf eine gigantische Größe. Ob die unverstandene Dunkle Energie dafür verantwortlich ist oder eine andere Kraft ist letztlich unbekannt. Aber mit dieser nahezu schlagartigen Vergrößerung können wir sehr viele Beobachtungen deuten:

- Der beobachtbare Teil des Universums scheint keinerlei Raum-Zeit-Krümmung zu besitzen. Das lässt sich leicht auf die exponentielle Vergrößerung zurückführen: Auch der Königsplatz auf der Erde zeigt nicht die Krümmung der Erdoberfläche an.

- Der heutige Kosmos (wir schauen in jede Richtung auf etwa 45 Milliarden Lichtjahre) ist im Großen und Ganzen gesehen gleichartig aufgebaut. Innerhalb des Weltalters von knapp 14 Milliarden Jahren könnte man das in einem so großen Universum mit der Lichtgeschwindigkeit als höchste Signalgeschwindigkeit nicht bewerkstelligen.

- Das Inflationsmodell kann die Struktur des Kosmos (Netzwerk aus Galaxienhaufen) durch Quantenfluktuationen erklären, die durch die Inflation auf makroskopische Größen ausgedehnt wurden.

Darüber wollen wir aber in dieser kleinen Postserie nicht sprechen: Aber diesen Prozess des inflationären Aufblähens könnte man durchaus auch als Urknall bezeichnen.

Überhaupt ist die Frage nach dem Anfang des Kosmos letztlich nur eine typisch menschliche Frage.

Unsere Lebenserfahrung sagt uns von Kind an: Alles was da ist, hat etwas aus dem es hervorgegangen ist. Ich als Kind habe Eltern, die haben meine Großeltern als Eltern. Das Haus wurde von Menschen aus Steinen und anderem Material gebaut.

Aber unsere Erfahrung stammt aus der Interpretation der Sinneseindrücke, die unser Gehirn erhält und über ererbte Mechanismen interpretiert.

Das ist unsere Wirklichkeit, die mit einer wie auch immer gearteten Realität nichts zu tun haben muss...

Also suchen wir in unserer Wirklichkeit auf Hinweise auf einen Anfang des Kosmos, die haben wir nachvollziehbar gefunden.

Und somit muss es etwas gegeben haben, was diesen Anfang ausgelöst hat.

Das zeigt auch das Modell der Kosmologin Anna Ijjas, in deren Bild ich Beschriftungen eingefügt habe:


Und wenn wir Menschen das nicht finden, was vorher war,  dann erfinden wir es...so funktioniert unser Gehirn.

Da gibt es dann die religiöse Erfindung eines Schöpfers oder die "wissenschaftliche (?)" Erfindung eines Multiversums oder die von Roger Penrose, der an ein Universum vor dem Universum glaubt (was auch immer das bringen mag...).

Und Albert Einstein hat uns mit seiner Relativitätstheorie gezeigt, dass Zeit relativ ist: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sind eine Illusion. Braucht es da noch eine Ursache und einen Anfang: Alles IST!?

In der Wissenschaft gibt es den Prozess der Autopoiese:

Ein System erzeugt sich selbst aus den Elementen aus denen es besteht. Es gibt keinen Anfang, keine Ursache und keine Schöpfung.

Das passt nun so gar nicht in unsere Wirklichkeit....aber vielleicht zu unserem Kosmos?

Wie schön wäre es also, wenn es diesen lästigen Urknall gar nicht geben würde, wenn wir in einem ewigen Universum leben würden und uns keine Gedanken über den Anfang und den Erzeugungsprozess machen müssten.

In den nächsten Posts möchte ich nun die Beobachtungen beschreiben, die uns   auf die Existenz eines Anfangszustandes unseres Kosmos hinweisen. Den wollen wir weiterhin Urknall nennen.

In der Summe scheint der Urknall eine gesetzte Tatsache zu sein, die wir in unseren Kosmologien berücksichtigen müssen.


wird fortgesetzt





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